Nach einer ruhigen 6 stündigen Zugfahrt von Bikaner sind wir gut, aber etwas verschwitzt von der großen Hitze (>38 °C) in Jodphur, der zweitgrößten Stadt Rajasthan, angekommen.
Die Stadt wird außerdem „Blaue Stadt“ genannt, weil hier viele Gebäude blau angestrichen sind, was sich besonders aus erhöhter Position mit Blick über die Stadt gut erkennen lässt. Die Farbe sollte früher mal die Kastenzugehörigkeit der Einwohner kennzeichnen. Außerdem soll sie angeblich ein effektives Mittel zur Moskitoabwehr sein. Aber auch nur angeblich, denn Sandra ist mittlerweile doch schon ziemlich zerstochen.
Nachdem wir in unserem wieder sehr netten Guesthouse eingecheckt hatten, haben wir noch eine Runde durch die nähere Umgebung gedreht und dabei den stadtbekannten Clocktower und den umliegenden Basar besucht. Bei unserem Abendessen konnten wir von der Dachterrasse unserer Unterkunft das schön beleuchtete Fort gegenüber bewundern. Die Nacht gestaltete sich auf Grund fehlender Klimaanlage bei nächtlichen Temperaturen um die 30 °C und zwei lauten Eseln unter dem Fenster, als nicht besonders erholsam und ließ mich kaum die Augen zu machen.
Am nächsten Tag ging es dann morgens zu Fuß zum Fort. Vorbei am Clocktower und dem Basar, schlängelte sich dann irgendwann ein steiniger Weg in der morgendlichen Sonne hinauf zu unserem Ziel. Oben angekommen konnten wir völlig verschwitzt eine tolle Aussicht über Jodphur und die Umgebung genießen. Trotz der Mühen zum Fort zu gelangen, haben wir uns diesmal die Kosten (500 Rs pro Person!) gespart, uns ein weiteres von Innen an zu schauen. Dafür sind wir dann später zu den Mandore Gardens gefahren und haben uns die alten Tempelanlagen dort angeschaut. Wir hofften auch auf unsere ersten Affen zu treffen, doch leider bekamen wir keinen zu Gesicht. Jedoch gab es dort aufdringliche bettelnde Kinder, die besonders Sandra ein wenig bedrängten. Obwohl wir schon zehnmal ausdrücklich gesagt hatten, dass es von uns kein Geld geben wird und es schließlich mit Ignoranz versuchten, folgten einem die Kinder auf Schritt und Tritt und zerrten schließlich an Sandras T-Shirt. Die Mutter saß dabei zunächst nur seelenruhig am Wegrand und schaute sich das Spektakel an. Die Kinder tun uns zwar wirklich sehr leid und das Elend ist manchmal wirklich nur schwer mit anzusehen, aber das war eine Spur Dreistigkeit zu viel. Zumal wir leider sowieso nicht allen armen Menschen in Indien helfen können. Bei einer Zugfahrt erklärte uns eine indische Frau, dass viele der Bettler selbst schuld an ihrer Situation seien, denn es gibt wohl einige, die gar nicht erst arbeiten wollen, obwohl sie es könnten.
Am Abend im Hotel gab es dann aber eine sehr gute Nachricht für uns: wir konnten in ein Zimmer mit Klimaanlage wechseln! 🙂 Beim Abendessen in einem eher abgelegenen Restaurant trafen wir dann später noch witziger Weise ein spanisches Pärchen, das wir bereits in unserem Guest-House in Bikaner getroffen hatten.
Und am nächsten Morgen ging es direkt wieder weiter in die nächste Stadt: Jaipur, die Hauptstadt Rajasthans. Jaipur wird wegen der „rosa“ Farbe der Gebäude im Altstadtviertel „Pink City“ genannt. Rosa soll die Farbe der Gastlichkeit sein. Wir fanden die Häuser eher orange, aber naja gut. Wahrzeichen der Stadt ist der Hawa Mahal, der „Palast der Winde“. Die Konstruktion diente damals den zahlreichen Damen des Hofes, die sich nicht unter das einfache Volk begeben durften, als Beobachtungsposten – Spanneralarm 😉 So sah, hörte und roch man alles von der Straße, konnte aber von außen nicht bemerkt werden. Der erste Eindruck noch während der Tuktukfahrt zum Hotel war relativ positiv. Die Stadt wirkte verhältnismäßig modern und sauberer als die anderen Städte, die wir besichtigt haben.
Der zweite Eindruck war dann doch nicht mehr allzu positiv. Wir haben uns noch richtig mit dem Tuktukfahrer gezofft. Da der Name unseres Hotels relativ schwierig auszusprechen war, haben wir einem der tausend Fahrer am Bahnhof extra auf dem Handy gezeigt, wo wir hinwollen. Der Typ meinte noch, es sei sehr weit und würde 70 Rs kosten. Jo alles klar, er brachte uns zu einem Freund, der uns mit dem Tuktuk zum Hotel fahren würde. Dem zeigten wir auch nochmal wohin wir wollten. Hat er dann wohl doch falsch verstanden und fuhr uns zu einem naheliegenden anderen Hotel. Wir erklärten ihm dann nochmal wohin wir wollen und er sagte, dass es dorthin viel weiter sei und wohl ein Missverständnis vorliegen würde, aber er fährt uns trotzdem für den vereinbarten Preis. Weiter ging die Fahrt und bald erreichten wir dann auch das richtige Hotel. Nur wollte er sich nun natürlich nicht mit den vereinbarten 70 Rs zufrieden geben, sondern sogar 200 Rs haben und machte eine richtige Szene an der Rezeption, an der es vor Moskitos nur so wimmelte. Sandra sprang also die ganze Zeit im Dreieck, um sich vor den Mücken zu retten. Ich diskutierte bestimmt 10 Minuten mit dem Fahrer, denn wir haben es nicht eingesehen mehr zu zahlen, da wir mehrmals genau gesagt haben, wo wir hin müssen und uns nicht verarschen lassen wollten. Der Typ von der Rezeption stand nur ratlos daneben. Das Ende vom Lied war, das wir dann doch 100 Rs gezahlt haben, mit denen er zwar nicht einverstanden war, irgendwann aber abzischte. Wegen dem ganzen Diskutieren und Herumspringen konnten wir leider gar nicht die liebevolle Begrüßung im Hotel genießen. Denn es gab erstmal einen leckeren Willkommensdrink. Als wir die Treppe hochgestiegen sind, wurden wir mit Rosenblättern beworfen, auf der Dachterrasse haben wir einen roten Punkt (Tika oder Bindi) auf die Stirn und jeweils eine Blütenkette umgelegt bekommen und wurden dann in unser, für unsere Verhältnisse, wirklich luxuriöses Zimmer geführt.
Tikas sollen im Hinduismus das „dritte Auge“ symbolisieren, mit dem man auch nach Innen schauen können soll und es soll Glück bringen. Die Blumenkette soll auch eine besondere Ehrung sein. Man findet hier an jeder Ecke Stände, an denen man solche Blumenketten kaufen kann.
In Jaipur sind wir hauptsächlich zu Fuß durch die Straßen gelaufen, haben uns die Gegend angeschaut und natürlich viele Fotos geschossen. Auf die großen Attraktionen, wie das Amber Fort (schon wieder ein Fort!) und den City Palace, hatten wir nicht viel Lust. Zumal die Preise für Touristen (Einheimische zahlen viel, viel weniger) uns das meist nicht wert waren.
Das Abendessen in einem kleinem „Art Café“, das wir in der Nähe unseres Hotels fanden, hätten wir fast mit Tellerspülen beenden müssen oder schlimmstenfalls im indischen Knast. Wir hatten nämlich riesen Glück, dass wir noch auf den Rupie genau den Betrag in der Tasche hatten, den man von uns verlangte, da wir das restliche Geld im Zimmer liegen gelassen hatten. Glück muss man haben. Vielleicht dem Tika zu verdanken?
Am kommenden Tag machten wir uns auf zum Monkey Temple. Dort erhofften wir wiedermal unsere ersten freilebenden Affen zu sehen. Noch nicht aus unserem Tuktuk ausgestiegen, sahen wir sie auch schon über die Straße springen. Vor allem ganz viele Affen mit ihren kleinen Kindern auf dem Rücken. Der Tempel liegt auf einem Berg, den wir wiedermal besteigen mussten. Oben angekommen erhielten wir jeder ein Freundschaftsband (Frauen am linken, Männer am rechten Arm) sowie wieder ein Tika auf der Stirn, von einer Frau, die wohl dort beim Tempel lebt. Natürlich für eine kleine Spende. Wir machten noch Fotos vom Tempel und ruhten uns noch ein wenig auf der Terrasse mit Blick über Jaipur aus. Doch Affen gab es oben am „Monkey Tempel“ keine. Scheinbar gab es am Fuße des Berges mehr für sie zu holen, weswegen sie sich dort aufhielten.
Nach dem Abstieg ließen wir uns zur „M. I. Road“ fahren. Dies ist eine große Einkaufsstraße. Eigentlich wollten wir uns am Touristen Büro absetzen lassen, um ein paar Infos für unsere Weiterreise zu bekommen. Doch das fanden wir trotz Google und Rumfragen nicht. Also schlenderten wir so der Straße entlang und stellten fest, dass es auch hier Sonntage gibt und fast alles geschlossen ist. Der nächste Plan, um die Zeit rum zu bekommen, war, in das größte Kino Indiens zu gehen, was ebenfalls an der Straße liegt. In diesem Kino wollten wir unseren ersten Bollywood Film anschauen, was uns im Internet wärmstens empfohlen wurde, auch wenn man natürlich kein Wort versteht.
Wir hatten aber noch viel Zeit bis zur Vorstellung und dem Beginn des Ticketverkaufs, also fuhren wir erst einmal zum Bahnhof, um uns ein Ticket für den nächsten Tag nach Sawai Madhopur zu organisieren. Unsere Tickets buchen wir normalerweise im Internet über die indische Webseite Cleartrip. Damit ist das Buchen eigentlich sehr unproblematisch. In unserem Fall diesmal wären wir jedoch nur noch auf die Warteliste gekommen, was in Indien völlig normal ist, wenn ein Zug ausgebucht ist. Wir wussten aber dass es noch andere Möglichkeiten geben kann, an sichere Tickets zu gelangen. Aber dieses Unterfangen erwies sich schon wieder als Abenteuer für sich. Nachdem wir an dem Ticketschalter für ausländische Touristen in einer langen Schlange voller drängelnder Inder anstanden (wir waren die einzigen ausländischen Touristen), stellten wir nach einer Weile fest, dass uns ein Formular fehlte, was auszufüllen galt. Ein netter junger Mann half uns bei der Organisation eines solchen Formulars und wir erhielten kurz darauf auch unser Ticket. Jedoch fast doppelt so teuer. Da es keine regulären Tickets mehr gab, nahmen wir ein sogenanntes „Taktal“ Ticket, etwa wie Last-Minute-Tickets, wenn wir es richtig verstanden haben. Doppelt so teuer heißt 810 Rs (ca. 11€) für uns beide für eine Strecke von etwa 150 km. Also immer noch ok für uns.
Da wir ja etwa eine Stunde im Bahnhof anstanden, war es am Kino auch extrem voll, als wir wieder dort ankamen. Wir mussten uns wieder in einer sehr sehr, sehr großen wartenden Schlange anstellen, wobei wir mal wieder kein Plan hatten, wie das System dort funktioniert. Es gab eine Schlange für Frauen und eine für Männer. Irgendwann konnten wir aber jedoch herausfinden, dass es genügt, wenn einer ansteht. Doch es brachte uns nicht weiter. Denn immer noch weit vom Schalter entfernt, schlossen diese plötzlich und „Sold-out“ Schilder wurden ausgehangen. Das war auch für uns eindeutig zu verstehen und wir mussten auf die angeblich sehr unterhaltsame Vorstellung verzichten.